„Schulferien“
Vor einer Woche haben hier die „Schulferien“ begonnen. Ich schreibe „Schulferien“ in Anführungszeichen, weil dies für uns nicht wirklich Ferien bedeutet, sondern nur, dass der Jugendliche bis ungefähr Ende August keine Schule mehr hat und wir – die Erwachsenen – uns vermehrt auf andere Arbeiten konzentrieren können. In der Zeit zwischen dem Geburtstag meiner älteren Tochter und der ersten Ferienwoche ist viel geschehen. Ich möchte in den folgenden Abschnitten kurz einige Erlebnisse festhalten:
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Zügeln
Als erstes wichtiges Ereignis ist wohl die „Züglete“ von meiner Familie vom René-Haus nach unten in die Villa Lastavica, eines der Häuser direkt am Hafen, zu nennen. Da René mit seiner Familie im Juli nach Iž in die Ferien gekommen ist, mussten wir ihm selbstverständlicherweise sein Haus überlassen. Bevor wir aber für ungefähr einen Monat auszogen, putzten wir das Haus noch so gründlich, wie wir wohl unsere Wohnungen in der Schweiz vor der Abreise geputzt haben. Danach packten wir unseren Zivildienst-Haushalt zusammen, fuhren ihn in einigen Schubkarren nach unten und richteten uns in zwei Zimmern am Hafen ein. Nach einer Woche muss wirklich ich sagen, dass sich oben bei Renés Haus im Vergleich zu hier unten ein kleines Paradies befindet. Hier ist es im Gegensatz zu oben deutlich lärmiger in der Abendzeit. -
Abschlussfeier
Zum Schulabschluss fand letzte Woche auch eine Abschlussfeier statt. Normalerweise präsentieren die Jugendlichen zu diesem Zeitpunkt etwas und werden noch die Schulberichte und -zeugnisse übergeben. Dieses Jahr war es aber etwas anders, weil einerseits der Jugendliche noch nicht richtig Schule hatte, weil andererseits die Jugendliche ihre „Abschlussarbeit“ schon präsentiert hatte und weil die Zeugnisse noch nicht fertig geschrieben waren. An Stelle des Vorgesehenen wurde der Jugendliche für seine Tätigkeiten gerühmt und zum Ižer Götti meiner kleinen Tochter gekürt. Er erhielt dazu ein von meiner Partnerin und mir ausgestelltes Windelwickel-Zertifikat, das bestätigt, dass er erfolgreich eine bestimmte Anzahl von verschiedenartig gefüllten Windeln gewechselt hatte. Das Zertifikat gab viel zu lachen. Danach wurde die Jugendliche noch verabschiedet, die darauf noch Fotos zeigte vom Jahr, das sie auf der Insel verbrachte. -
Abreise des Mädchens
Das Mädchen ist abgereist und inzwischen (hoffentlich wohlbehalten) wieder in der Schweiz angekommen. Die Jugendliche lebte insgesamt ein ganzes Jahr auf der Insel in der Gemeinschaft „Maslinova Gora“. Ursprünglich war eigentlich geplant, dass sie noch ein Jahr länger bleiben sollte, aber inzwischen wurde sie von einer Schweizer Schule aufgenommen, um dort das neunte Schuljahr regulär abzuschliessen. Bis vor einer Woche unterrichtete ich sie noch, wir arbeiteten hauptsächlich an ihrer Abschlussarbeit und der Präsentation dazu, die sie schliesslich in einem kleinen Rahmen vor den Erwachsenen hielt. Das Thema war „Psychoaktive Pflanzen“, das sie selbst ausgesucht hatte. Obwohl sie bei der Bearbeitung des Themas einigen Schwierigkeiten begegnete, hat sie sich mit ihrer Arbeit und ihrer Präsentation gut geschlagen. In der letzten Woche vor ihrer Abreise waren noch ihre Eltern auf der Insel zu Besuch, um einerseits noch eine Woche Ferien zu machen und andererseits, um ihre Tochter abzuholen.
Ich wünsche ihr viel Erfolg beim Schulbeginn und wünsche ihr alles Gute für ihr weiteres Leben. Ich bin zuversichtlich, dass sie den „Wiedereinstieg“ in das Schweizer Leben schaffen wird. Wir, insbesondere meine kleine Tochter, werden sie hier vermissen. -
Ferienbetrieb
Seit einer Woche herrscht in der Gemeinschaft „Maslinova Gora“ Ferienbetrieb, was verschiedene Ünderungen mit sich bringt. Wir haben unseren Stand geöffnet, an welchem wir selbst gemachte Mirabellenkonfitüre, selbst gemachte Crèmen (aus Olivenöl), Kraftsteine und andere Dinge an die Touristen verkaufen. Der Jugendliche hat die Aufgabe, jeden Tag von fünf Uhr abends bis etwa um zehn Uhr in der Nacht den Stand zu betreuen, dafür muss er praktisch nirgends sonst mitarbeiten und darf am Morgen jeweils ausschlafen. Mit den Einnahmen wird unter anderem die Reise finanziert, welche „Maslinova Gora“ alljährlich am Ende der Schulferien (im August) macht. Ein Verkaufsschlager erwies sich bis jetzt der selbst gemachte Frischkäse der Ziegen.
Im Ferienbetrieb hat meine Partnerin und der Schreiner-Zivi auch mehr Zeit für Schreinerarbeiten und ich habe mehr Zeit für den Haushalt und für meine Kinder. Der Schreiner-Zivi und meine Partnerin haben unter anderem einen neuen, natürlichen Dörex auf der Terrasse gebaut, welcher im Gegensatz zum vorherigen auch wirklich funktioniert!
Übrigens hat es, laut Angaben der Einheimischen, weniger Touristen als in anderen Jahren. Schuld daran sei die Finanzkrise. Tatsächlich habe ich mir den „touristischen Hochbetrieb“ schlimmer vorgestellt, als er ist. -
„Metzgete“
Zwei junge Ziegen wurden geschlachtet. Die Ziegen ergaben ungefähr eine Schubkarre voll frisches Fleisch, welches die Leiterin von „Maslinova Gora“ innerhalb weniger Stunden an die Leute im Dorf verkaufte. Als durch Mund-zu-Mund-Propaganda bekannt wurde, dass es Fleisch zu kaufen gab, kamen plötzlich Leute von überall her, um zu fragen, ob es noch hat. Der Schreiner-Zivi und haben schon vor der „Metzgete“ vereinbart, dass wir versuchen wollen, die Häute der jungen Ziegen zu Leder zu verarbeiten. Wir machten uns mit relativ wenig Informationen zum Handwerk des Gerbens an die Arbeit. Doch leider ist ein Fell bereits verfault. Das andere Fell ist immer noch am Gerben, auch wenn es schon die ersten Zersetzungserscheinungen zeigt. Ich werde hoffentlich in den nächsten Tagen das Handbuch „Gerben“ von meiner lieben Schwester erhalten, in welchem mehr Informationen und Hinweise zum Gerben mit pflanzlichen Gerbstoffen („vegetabile Gerbung“) geschrieben stehen sollte. So eine kleine Tasche aus Leder einer Ziegen zu besitzen, die ich selbst gekannt habe und deren Fell ich selbst präpariert habe, würde mich schon sehr reizen … -
London
Letzte Woche waren wir – „die Mitarbeitenden“ – auf uns alleine gestellt, denn die Leiterin von Maslinova Gora verreiste kurzfristig für einige Tage nach London, um dort eine kroatische Frau abzuholen. Die Frau lebte schon einmal ein Jahr in der Gemeinschaft „Maslinova Gora“ und nun ging es ihr in London nicht mehr so gut. Sie ist nun wieder nach Iž zurückgekehrt.
Ich bewundere solche Aktionen. Ich bewundere die Leiterin von „Maslinova Gora“, die einfach so und extrem kurzfristig um die halbe Welt reist, um einem Menschen zu helfen. -
Kite
Der Schreiner-Zivi ist ein begeisterter Kite-Surfer, das heisst, er liebt es, mit einem Brett auf dem Meer zu reiten und dabei von einem steuerbaren Drachen gezogen zu werden. Normalerweise startet man dabei von Sandstränden aus, doch leider gibt es hier in der Umgebung kaum einen Sandstrand, sondern nur Ufer mit vielen spitzkantigen Steinen. Aus diesem Grund half ich ihm diese Woche mehrmals, mit dem Kite vom Boot aus zu starten, was nicht immer ein einfaches Unterfangen war. Den Kniff für ein reibungsloses Starten haben wir noch nicht ganz herausgefunden, doch wir sind nahe dran … So bald wir wissen, wie das Starten am besten funktioniert , werde ich das Kite-Surfen auch mal versuchen.


