5:55 – Der Wecker läutet. Ich stehe auf, strecke mich und schaue zum Fenster hinaus. Die Sonne ist bereits zwei Daumen breit über dem Horizont.
6:10 – Auf der Insel ist noch keine Menschenseele wach. Ausser den vielen zwitschernden Vögel und meinen Schritten gibt es keine Geräusche zu hören. Wie fast jeden Morgen (Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag) jogge ich meine Runde vom René-Haus nach „Drage“, einem Nachbarswyler, dann unten am Meer entlang zum Hafen von Veli Iž. Mit der Tätigkeit „Joggen“ konnte ich in Bern absolut gar nichts anfangen. Ich ärgerte mich höchstens über all die Jogger und Walker am Aareufer, die mit ihrer Dichte (1 Jogger pro 50 Meter?!) und ihren Stöcken ein ruhiges Spazierengehen an der Aare verunmöglichten. Hier ist es anders. Es ist ein wunderschönes Gefühl als einziger Mensch auf den Strässchen einer menschenleeren Insel zu rennen und dabei der aufgehenden Sonne Gesellschaft zu leisten.
6:45 – Nach etwa einer halben Stunde komme ich bei den Häusern unten beim Hafen an. Ich schnappe mir die Badehose und gehe nach vorne ans Ufer. Nach zwei Minuten bin ich zwischen Seegurken und anderem Getier im Hafenbecken im kühlen Wasser und schwimme einige Meter.
7:05 – Ich sitze mit den anderen am gedeckten Morgentisch. Die Regel ist, dass beim letzten Glockenschlag von sieben Uhr alle am Tisch sitzen. Gemeinsam beginnen wir mit dem Morgenessen den heutigen Tag und besprechen, was heute alles laufen wird.
8:12 – Nach dem Abwasch und nach dem Aufwischen des Essraumes warte ich auf die zwei Jugendlichen. Die erste Lektion findet statt: Sport. Ich mache in einem ersten Teil jeweils Lockerungsübungen (Hampelmann und so …), im zweiten Teil Kraftübungen (Liegestützen und so …), im dritten Teil Dehnübungen (Spagat und so …) und zum Schluss noch etwas Spezielles wie zum Beispiel eine Konzentrationsübung.
9:03 – Normalerweise hätte ich jetzt mit dem Jungen noch einmal eine Lektion Sport, doch heute müssen wir zu den Ziegen schauen. Normalerweise rennen wir mit dem Basketball nach „Drage“, aber heute laufen wir mit dem Milchkübel auf die Barbinja.
9:55 – Ich melke „Glöggli“, die jüngste und auch schwierigste Ziege. Beim Melken versucht sie ständig abzuliegen, mühsam versuche ich, sie mit meinem Knie daran zu hindern.
11:07 – Die Ziegen sind gemolken, die Milch abgekocht, die Trinkkübel der Tiere wurden mit frischem Wasser gefüllt, Üste wurden ins Gehege geworfen. Wir kehren zurück nach unten. Normalerweise hätte ich mit dem Jungen zwei Lektionen Mathematik von zehn bis zwölf Uhr, doch da wir heute auf der Barbinja waren, wird es heute vor dem Mittagessen nur etwa eine halbe Lektion geben.
12:12 – Ich esse.
13:15 – Heute Nachmittag muss ich zu den Kindern schauen, aber erst nach ihrem Mittagsschlaf. Ich marschiere kurz nach dem Mittagessen mit meinen zwei Töchtern zum René-Haus, um sie dort schlafen zu legen. Heute laufen sie zum ersten Mal ganz alleine bis um die nächste Kurve, nach welcher sie mich nicht mehr sehen konnte. Stolz „giggelten“ sie dann, als ich plötzlich wieder vor ihnen stand, um festzustellen, dass sie am richtigen Ort durchgegangen sind. Kaum liegen sie im Bett, mache ich mir einen starken (immer noch bitteren) Kaffee, denn unten ist mir der Kaffee meistens ein bisschen zu wässrig, wenn ich ihn nicht selbst machen kann.

Meine beiden Töchter laufen ganz alleine nach oben ...
14:00 – Das Mädchen kommt zu mir ins René-Haus. Wir haben zusammen eine Lektion Mathematik. Das Thema sind Kreisberechnungen, doch heute dreht sich bei ihr alles im Kreis. Sie ist nicht konzentriert, will nichts begreifen und hat auch keine Lust, sich anzustrengen. Sie möchte lieber einfach so ein bisschen schwatzen, also reden wir ein bisschen über unser Planetensystem, welches ja auch irgendwie etwas mit Kreisen zu tun hat und dann gebe ich ihr dafür mehr Aufgaben als sonst.
15:24 – Meine Töchter erwachen wieder und wir machen uns auf den Weg nach unten, damit wir mit dem kroatischen Jungen etwas unternehmen können. Die ältere Tochter flitzt jeweils mit dem Like-A-Bike (Ein Ding, das alle kroatischen Leute hier immer wieder bewundern) los und die kleine fahre ich im Kinderwagen nach unten. Manchmal trage ich die Kleine auch im African-Bag-Carrier (Eine Art Kinder-Rucksack, welcher auch immer von allen kroatischen Leuten bewundert wird) nach unten.
16:16 – Ich ziehe den kroatischen Jungen und meine beiden Töchtern auf einem flachen „Leiterwägeli“ nach vorne ans Meerufer, wo wir uns hinsetzen und Steine ins Meer schmeissen. Die Tätigkeit macht den Kindern einen Riesenspass, Abwechslung gibt es nur mit Tannzapfen … Später schneide ich ein paar Apfelschnitze zum Zvieri, die von den Kindern gierig gegessen werden. Noch ein bisschen später steckt meine kleinere Tochter bei einer waghalsigen Kletteraktion ganz von alleine ihre Füsschen ins Wasser und zappelt. Sie zeigt mir dann stolz ihre nassen Schuhe und natürlich konnte ich die beiden anderen nicht aufhalten, ihr gleichzutun. Ich habe mich inzwischen daran gewöhnt, dass sich meine beiden Töchter jeweils gefährlich nahe ans Ufer wagen, so nahe, dass ich jeweils drauf und dran bin, aufzuspringen, um sie aus dem Wasser zu fischen. Bis jetzt ist jedoch noch nie etwas passiert.
17:28 – Gestern hat die Leiterin und der Jugendliche Frischkäse gemacht, davon übrig geblieben ist viel Molke. Mit Orangen (etwa eine pro halben Liter Molke), Zitronen (etwa eine halbe pro halben Liter), etwas Zimt und Honig (ein Esslöffel pro halben Liter) mache ich einen Molke-Drink. Die Kinder helfen mir dabei. Nach Angaben der Leiterin von „Maslinova Gora“ sei Molke sehr gesund (gerade für Kinder) und ich kann mich erinnern, dass ich früher zu meinen Gymer-Zeiten manchmal Zitronen-Molke in der Pause getrunken habe; genau so etwas wollte ich jetzt auch machen. Ich nannte den zu Beginn etwas gewöhnungbedürftigen Drink „kratka koza“ („Churzi Geiss“) in Anlehnung an „Red Bull“. Der Name ist aber noch nicht definitiv und vielleicht werde ich später, im Sommer, noch mehr davon herstellen, um das Getränk als „Energy Drink“ oder ähnlich an Touristen (Um die Ecke liegt eines der einzigen vegetarischen Hotels auf den kroatischen Inseln) zu verkaufen …
18:32 – Ich gehe mit den drei Kindern einkaufen. Für das Nachtessen fehlen noch Eier. Vor den zwei einzigen Lebensmittel-Läden („Butiga“, ein kleiner, privater Laden, der alles hat und „Market“, ein kleiner Ableger einer grossen Ladenkette, der wenig hat, dafür manchmal billiger ist) werde ich von einheimischen Männern in Arbeitskleidung misstrauisch beobachtet und wahrscheinlich auch kommentiert. Es wird Zeit, dass ich endlich richtig Kroatisch lerne …
19:38 – Ich warte mit den Kindern, dem Mädchen, dem Bekannten der Leiterin und der Mutter des kroatischen Jungen auf die anderen, welche heute auf der Barbinja waren. Wahrscheinlich sind sie noch dabei, den Hühnerstall fertig zu bauen. Langsam aber sicher habe ich Hunger, doch die anderen wollen und wollen nicht kommen.
20:12 – Kaum haben wir uns entschlossen, mit dem Nachtessen zu beginnen, tauchen die anderen auf. Der Schreiner-Zivi hat mit dem Jugendlichen zusammen den Hühnerstall fertig gebaut und die Kücken bereits das erste Mal in ihr Gehege gesetzt. Meine Partnerin hatte im Barbinja-Haus am Holzboden im ersten Stock weitergearbeitet.
20:42 – Ich putze meinen beiden Töchtern die Zähne (Ja, ich zähle auf Kroatisch!) und stecke sie ins Bett. Nach einem Gutenacht-Lied und nach Schliessen der Moskito-Netze gönne ich mir noch ein Bier und beginne mit dem Schreiben des Blogs, den du jetzt liest …
22:22 – Meine Partnerin und ich liegen beide müde im Bett, sprechen noch ein bisschen miteinander, lesen noch ein bisschen, schimpfen noch ein bisschen miteinander, tauschen noch ein bisschen Zärtlichkeiten aus und schlafen dann ein bisschen.